
Liebe Leser*innen,
vor einem Jahr standen wir unter dem Druck massiver Kürzungspläne der Landesregierung. Gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen, vielen Engagierten und zahllosen Unterstützer*innen haben wir im Herbst 2024 laut, kreativ und entschlossen protestiert. Wir haben gezeigt, was Solidarität bedeutet. Wir haben konsequent das Gespräch mit den Abgeordneten der demokratischen Fraktionen des Landtags und der Landesregierung gesucht und wir haben verdeutlicht, wie wichtig die Arbeit der Aidshilfen in unserem Land ist.
Heute, ein Jahr später, wissen wir: Protest wirkt. Nicht alle Kürzungen konnten verhindert werden – aber viele politische Entscheidungsträger*innen haben verstanden, dass soziale Infrastruktur keine Verhandlungsmasse ist. Dass Prävention, Beratung und Begleitung nicht einfach freiwillige Leistungen, die man einfach so kürzen oder streichen kann, sondern unverzichtbare Bestandteile einer solidarischen Gesellschaft sind. Offensichtlich hat das Landeskabinett verstanden, dass sich Kürzungen im Sozialbereich verbieten und eine Überrollung des Haushaltsansatzes geboten ist.
Darüber hinaus haben die Regierungsfraktionen und der Gesundheitsminister Wort gehalten und, nachdem das Land über mehr Mittel verfügt als erwartet, den Haushaltstitel wieder auf das Niveau von 2024 angehoben.
Dafür und für ihr Vertrauen in unsere Arbeit danken wir allen Beteiligten ausdrücklich. Die Aidshilfen haben gezeigt, dass sie auch in schwierigen Zeiten auf der Seite derer stehen, die ihre Hilfe und Unterstützung benötigen, und soweit es irgendwie ging ihre Angebote aufrechterhalten.
All das wird uns nicht daran hindern, in den kommenden Jahren für eine durch Inflation und Preissteigerung gebotene Dynamisierung der Mittel zu kämpfen, um die Qualität und die notwendige Quantität unserer Arbeit nicht aufs Spiel zu setzen.
2025 wurde die Aidshilfe NRW 40 Jahre. Wir sind stolz auf vier Jahrzehnte Engagement, Aufklärung, Empowerment und auf die unzähligen Menschen, die mit Leidenschaft und Mut für Akzeptanz, Selbstbestimmung und gleiche Rechte gekämpft haben.
Vier Jahrzehnte, in denen sich Gesellschaft, Medizin und Politik verändert haben. Vier Jahrezehnte, in denen die Aidshilfe stets Impulsgeberin, Mahnerin und Brückenbauerin war. Diese Ausgabe unseres Magazins dokumentiert eine Reihe von Wünschen, die uns im Laufe des Jahres erreicht haben. Sie spiegeln die Wirkung der Aidshilfe NRW in allen möglichen Teilen der Gesellschaft wider und geben Zeugnis von den vielfältigen Vernetzungen unseres Landesverbands.
Doch ein solches Jubiläum ist nicht nur Anlass zum Feiern, sondern auch zum Hinschauen: Die Aidshilfen haben vieles bewirkt und Gesellschaft verändert. Doch immer noch erleben Menschen mit HIV Diskriminierung, in der Familie oder am Arbeitsplatz, in Behörden oder im Gesundheitswesen. Besonders Letzteres empört uns über allen Maßen. Je dunkler die Hautfarbe, je größer die Diskriminierung.
Auf diese Missstände müssen wir reagieren. Wir stehen an der Seite der People of Colour, die sich immer wieder an uns wenden, an der Seite der Frauen, die vielfach auf Unverständnis stoßen, und an der Seite drogengebrauchender Menschen, die in den Augen der Mehrheitsgesellschaft das Stadtbild stören.
Gesellschaftliche Tabus, Nichtanerkenntnis von Realitäten, schlichte Intoleranz und Feindseligkeit müssen als solche benannt und bekämpft werden. Die Aidshilfen stehen zur informierten Selbstbestimmung rund um gelebte Sexualität und erlebten Rausch. Wir stellen uns den Realitäten des Lebens und treten für eine gesundheitsfördernde und gesundheitserhaltende Umgebung ein: für Männer und Frauen, für Schwule, Queere und Heterosexuelle, in Freiheit und in Haft – und das seit 40 Jahren.
Allen, die uns in dieser Zeit begleitet haben, unseren Haupt- und Ehrenamtlichen, allen Unterstützer*innen und Freund*innen, unseren Partnerorganisationen und den Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung, danken wir für ihre Unterstützung und ihre Solidarität. Gemeinsam sind wir die Aidshilfe NRW!
Und wir danken Ihnen, liebe Leser*innen, für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung. Eine anregende Lektüre unseres Magazins!
Arne Kayser
Birgit Körbel
Pierre Mayamba
Willehad Rensmann
Maik Schütz