Interview mit Adrian

Die Möglichkeit zu haben über Dinge zu sprechen, über die ich bisher mit niemandem sprechen konnte.
Adrian ist seit einigen Monaten bei der Chemsex-Gruppe Flight Control der Aidshilfe Köln. Ziel für ihn war es, sein Konsumverhalten zu ändern und fand dies alleine relativ schwierig. In der Gruppe kann man das dann schon eher. Parallel dazu ist er mit Paul von der Aidshilfe Köln auch im KISS-Training (Kompetenz im selbstbestimmten Substanzkonsum).
Ich finde es wichtig, dass das Beratungsangebot zu Chemsex so wie in der Aidshilfe Köln ausgebaut wird und auch überregional genutzt werden kann, weil es einfach eine wichtige Anlaufstelle ist. Ich lebe in Köln und kann dieses Angebot nutzen, aber das braucht es auch flächendeckend in ganz Nordrhein-Westfalen bzw. bundesweit. Es wäre auch gut, wenn sich kleinere Aidshilfen dem Thema widmen und mit aktuellen Informationen versorgt werden könnten. Wenn die Aidshilfe NRW als Multiplikatorin fungieren kann, ist das doch wunderbar.
Für mich persönlich braucht es kein Angebot von Safer-Use-Materialien, da ich glaube, dass ich mit meinen Utensilien und meiner Hygiene mit jeder ärztlichen Praxis mithalten kann. Das gilt aber bei weitem nicht für die anderen Männer aus der Chemsex-Szene. Da gibt es großen Nachholbedarf. Auch wissen die Leute wissen oft nicht, welche Mengen sie konsumieren. Sie haben nur ein grobes Gefühl dafür, wodurch schnell Überdosierungen erfolgen können. Da müsste man schon noch mal mehr Wissen vermitteln.
Ich bin erst seit Anfang des Jahres bei der Chemsex-Gruppe (Flight Control) hier. Ich hatte mich an Paul gewandt, weil ich für mich einfach gemerkt habe, dass ich mein Konsumverhalten ändern möchte, was mir alleine relativ schwerfällt. Auch mit meinem besten Freund kann ich nicht über alles reden. In der Gruppe ist das einfacher.
Ich glaube, ich habe mit meinem besten Freund noch nie so konkret über mein Konsumverhalten gesprochen, wie ich es in der Gruppe schon getan habe. Das tut schon gut. Ich denke auch, dass ich regelmäßig kommen werde. Es ist spannend, auch mal ganz andere Sichtweisen zum Konsum kennenzulernen, zuzuhören, wie andere damit umgehen und sich vielleicht das eine oder andere abzuschauen. Parallel dazu nehme ich auch noch am KISS-Training, Kompetenz im selbstbestimmten Substanzkonsum, teil. Gäbe es das nicht, wäre ich spontan erst einmal ratlos, wo ich sonst hingehen sollte.
Die Möglichkeit zu haben, über Dinge zu sprechen, über die ich bisher mit niemandem sprechen konnte. Wie bereits gesagt, kann ich mit meinem besten Freund nicht darüber reden. Das war schon einer meiner Hauptbeweggründe, weshalb ich zu Flight Control gegangen bin. Außerdem wollte ich meinen Konsum reduzieren. Bisher klappt das ganz gut. Mein Ziel ist nicht die Abstinenz, sondern mein Konsumverhalten zu verändern.
Das Thema HIV und Aids wird ja nicht abnehmen. Im Gegenteil, je nachdem wie sich die Weltpolitik weiterentwickelt, wird es in manchen Regionen wieder zum Tabuthema. Mal schauen, wie es hier in den nächsten Jahren weitergeht. Aidshilfen sind auf jeden Fall wichtig. Auch weil sie sich um schwule Flüchtlinge kümmern, die ja andere Bedürfnisse haben als andere Flüchtlinge.
Das allgemeine Beratungsangebot habe ich auch schon einmal genutzt. Bevor ich HIV-positiv geworden bin und deswegen in eine Schwerpunktpraxis kam, habe ich die Testangebote der Aidshilfe wahrgenommen. All das finde ich schon wichtig. Weswegen Aidshilfen noch wichtig sind: Ich wäre nicht zu einer Drogenberatung gegangen, weil dort ein anderes Klientel hingeht, um es platt zu sagen: Junkies, zu denen ich mich nicht zugehörig fühle. Ich habe einen Drogenkonsumraum direkt vor der Haustür, ich wohne am Neumarkt, da würde ich im Leben nicht reingehen.
Ich bin in der Chemsex-Gruppe und ich war eine Zeit lang in der HIV+-Gruppe. Als ich noch in Frankfurt gelebt habe, habe ich dort ehrenamtlich als Fundraiser gearbeitet.